HEIMATVEREIN ABENTHEUER e.V. Sagen aus der Region
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Der Tirolerstein
Vor Jahren durchzogen Händler aus vielen Ländern unsere Heimat und boten ihre Waren feil. So kam auch ein Tiroler ins Trauntal. Über seine Schulter baumelten die selbst angefertigten Holzlöffel und anderer Hausrat. Er wanderte von Haus zu Haus und verkaufte die Gegenstände. Gegen Abend kam er zur Hujets-Sägemühle und kehrte im dortigen Gasthaus ein, um ein Abendessen einzunehmen. Ermüdet ließ er sich nieder, nestelte seinen Geldbeutel auf und zählte den Erlös auf den Tisch. Draußen am Fenster stand ein Knecht. Mit gierigen Augen sah er das viele Geld. Er überlegte, wie er in den Besitz der Münzen kommen könne. Da hörte er, wie sich der Gast nach dem Wege nach Züsch erkundigte. Sofort stand des Knechtes Entschluß fest. Er lief voraus und versteckte sich seitwärts der Straße. Die Dämmerung war hereingebrochen. Nichtsahnend machte sich der Tiroler nach Beendigung der Mahlzeit auf den Weg. Ruhe und Frieden lagen über den Wäldern. Als er in die Nähe der preußischen Grenze kam, sprang plötzlich der Knecht aus dem Gebüsch hervor mit den Worten: „Geld her oder dein Leben!“ Der Tiroler weigerte sich. Es kam zu einem Handgemenge, bei dem der Knecht den Tiroler erschlug. Der Totschläger schleppte den Erschlagenen in den Straßengraben, deckte ihn notdürftig mit Laub zu und verschwand. Am nächsten Morgen gingen die Holzarbeiter zu ihrer Arbeitsstätte. Als sie an den Tatort kamen, entdeckten sie Kampfesspuren. Bei näherem Hinsehen erkannten sie eine Hand, die aus dem Graben hervorragte. Sie scharrten das Laub weg und erkannten den Tiroler. Sie schaufelten ihm ein Grab, betteten ihn hinein und setzten einen Stein darauf, der im Volksmund noch heute der „Tirolerstein“ heißt. Der Knecht war verschwunden. Hat er sich den irdischen Richtern entzogen, indem er oldenburgisches Gebiet verließ und ins preußische floh? Wir wissen es nicht! Die Sage vom Vorkastell Da, wo die Traun den vorderen Zug des Hochwaldes durchbricht, erheben sich zur Linken die Berge zu beträchtlicher Höhe. Hier liegt inmitten des Waldes eine liebliche Bergwiese, Stäbel genannt, die seit undenklichen Zeiten von den benachbarten Gemeinden als Weideplatz benutzt wird. Hoch über dem Stäbel türmen sich die Felsen des Vorkastells. In den umher- liegenden Felsblöcken sehen die Umwohner die Reste einer mächtigen Burg, die einst hier gestanden hat und durch ein unbekanntes Ereignis zerstört wurde. Aber noch sind die Verliese der Burg vorhanden, wenn nur jemand den Eingang dazu wüßte. In den Gewölben liegen reiche Schätze, auch lagert viel Wein darin, aber in seiner eigenen Haut, da die Fässer längst gefault und abgefallen sind. In einem dieser Gewölbe steht eine prächtige Kutsche mit einer goldenen Deichsel so nahe am Ausgange, daß ein Hahn sie herausziehen könnte. In der Kutsche sitzt die schönste Prinzessin der Welt und schläft seit vielen hundert Jahren. Wer doch die Prinzessin mit ihren Schätzen gewinnen könnte! Wer sie aber erlösen will, der muß durch einen engen Gang in das Gewölbe kriechen. Da hängt ein schwerer Mühlstein an einem Seidenfaden. Ein greulicher Riese steht dabei. Er will den Faden durchschneiden, wenn man unter dem Stein durchkriechen will. Schon mancher Sterbliche ist von den Geistern an die Stelle geführt worden, um die verwunschene Prinzessin zu erlösen. Es ist ihm auch versprochen worden, daß ihm an seinem Leben keine Unbill geschehen solle. Wer aber dies mit Schrecken sah, kehrte sogleich um und konnte durch nichts bewogen werden, das Wagestück auszuführen. |